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Die Grenzen der Aufklärung

Die Grenzen der Aufklärung

(2012)

Nervös – und wie auf etwas wartend – saßen
die Eltern ihrem Sohn jetzt gegenüber.
Die zwei Erwachs’nen wirkten gleichermaßen,
als täten sie grad alles and’re lieber.

Doch beiden Elternteilen war bewusst:
Sie mussten es dem Jungen endlich sagen.
Ansonsten käm er eines Tages just
auf die Idee, noch selbst danach zu fragen.

Der Vater setzte nun zum Sprechen an:
„Du wirst bald zwölf und deshalb dachten wir,
na ja, Du bist zwar noch nicht ganz ein Mann,
doch wenn wir, also künftig … und Du Dir …

Du weißt ja, ich und Deine Mutter sind
nicht von Natur aus alt – das ist normal!
Mir war vor vielen Jahren – so als Kind –
der Schritt zu der Entscheidung fast egal …“

Die Mutter klinkte sich jetzt zögernd ein:
„Es geht nicht drum, sich heute festzulegen,
und wie Du wählst, bestimmst nur Du allein …
Dich wird in Zukunft vielerlei erregen …“

Der Vater unterbrach: „Wir wollen bloß,
dass Du Dich nicht verkrampfst und Dich entspannst,
denn Deine Mitverantwortung ist groß.
Du weißt, dass Du uns alles fragen kannst.“

Vom Sohn kam nur, er würd’ das schon verstehen
und auf das Angebot in Zukunft bauen,
doch würd’ er jetzt zurück auf Zimmer gehen
und endlich seinen Porno weiterschauen.

Der Vater seufzte: „Schwieriges Kaliber.
Der Junge wird es uns noch oft erschweren,
ihn engagiert und motivierend über
politisches Bewusstsein aufzuklären.“

Anmerkung:
Wer kaum an Staat und Bürger denkt,
wird meist sehr billig abgelenkt.