Der Abschied

Der Abschied

(2005)

Sie standen dort am Hafenbecken.
Er weinte und sie weinte auch.
Sie konnten Tränen kaum verstecken
und spürten Trauer tief im Bauch.
Jetzt hieß es: Trennung für ein Jahr.
Getrennt in dieser großen Welt.
Er fuhr heut nach Amerika.
Beruflich. Für ein gutes Geld.
Sie küssten und umarmten sich.
Er ging aufs Schiff und winkte ihr.
Sie rief ihm zu: „Ich wart auf dich.
Ich bleibe bis zur Rückkehr hier.“
Er weinte, ließ die Hand nicht sinken.
Der Schmerz war längst nicht überwunden.
Sie sprach: „Ich hör erst auf zu winken,
bist du am Horizont verschwunden.“
Er lächelte. Jedoch nur schwach.
Er wischte Tränen von den Wagen
und betete: „Oh Gott, komm, mach,
dass das, was war, ist nicht vergangen.“

Das Schiff trat bald die Reise an.
Sie wünschte ihm noch einmal Glück.
Voll Sehnsucht murmelte er dann:
„In einem Jahr bin ich zurück…“
Wie konnte man ihn nur so strafen?
Sie weinte, winkte ihn noch immer.
Das Schiff entfernte sich vom Hafen.
Die Trauer wurde fast noch schlimmer.
Da fiel ihm ihr Versprechen ein,
sie werde bis zum Horizonte
ihm winken und stets treu ihm sein.
Ein Grund, weshalb er lächeln konnte.
Doch war sie bald das Winken Leid.
Und schließlich ging sie einfach weg.
Es war zum Horizont noch weit.
Er sah ihr nach, stand starr an Deck.
Er rief: „Ich liebe dich so sehr!“
Er rief umsonst. Sank auf die Knie.
Verzweifelt sprang er dann ins Meer.
Dort schrie er laut. Er schrie und schrie…

Er wachte auf. Ihm wurde klar:
die schlimmen Bilder waren bloß
ein Traum. Denn nach Amerika
ging’s erst in einem Monat los.
Er dacht‘: „Was sie grad tun mag?“
Er fühlte sich ein wenig schlapp.
Und sagte noch am selben Tag
die Reise, die geplant war, ab.