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Unsportliche Gegner

Unsportliche Gegner

(2007)

Der Dieter steht mit seinem Schal
am Samstag gern im Stadion.
Dann ist ihm manches scheiß-egal –
er grölt auch noch ein Lied davon.

Mit einem Bierglas in der Hand
verfolgt er dort ein Fußballspiel.
Zur Halbzeit geht’s zum Würstchenstand
(dort herrscht genauso das Gewühl).

Den Stammplatz in der Gegengrade
hat er seit Jahren fest gebucht,
und ist das Fußballspiel mal fade,
so hört man, wie er lautstark flucht.

Meist hat der Dieter noch zwei Fahnen:
die eine fast so blau wie er;
die andre lässt sich leicht erahnen:
sie kommt im Atemzug daher.

Auch Olli steht mit einem Schal
als Fan in Dieters Nachbarblock,
doch zeigt er mit der Farbenwahl:
auf Dieter hat er keinen Bock.

Auch er isst Wurst zur Halbzeitpause,
er mag das Bier, das Dieter trinkt,
er grölt bei jeder Fußballsause,
zu der er auch die Fahnen schwingt.

Für ihn ist Fußball Religion,
die Regeln kennt er sehr genau,
er singt und ruft in Dieters Ton,
bloß ist der Schal schwarz-gelb statt blau.

Er hat identische Intressen mit Dieter,
wie man schließen kann;
doch beide scheinen’s zu vergessen,
schrei’n sie im Stadion sich an.

Sie merken die Gemeinsamkeit
erst spät nach jede Menge Prügel,
verbringen sie nach einem Streit
den Tag im selben Krankenflügel.

So zeigt sich klar am Fußballpatz,
dass Olli, wie auch Dieter, spinnt:
Sie suchen einen Gegensatz,
obwohl sie sich so ähnlich sind.