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Voll beschäftigt

Voll beschäftigt

(2017)

Du klagst, an deinem Arbeitsplatz
würd Langeweile stetig länger.
Dann wähl doch einfach als Ersatz
das Leben als Hartz-IV-Empfänger.

Denn wenn du der Gesellschaft mal
beweisen willst: du bist auf Zack,
greif nach dem neuen heil’gen Gral –
dem Förder-Forder-Doppelpack!

Das fördert erstens die Durchblutung
und fordert zweitens dich heraus,
du möchtest schließlich die Vermutung,
du nutztest das System nur aus,

mit allem, was du kannst, entkräften,
sonst kommt man noch auf die Idee,
dich als Schmarotzer abzuheften,
weil Arbeitslose ja per se

verdächtig sind, an allen Tagen
auf ihrer faulen Haut zu liegen
und sich dann trotzdem zu beklagen,
sie würden viel zu wenig kriegen.

Das trifft zwar überhaupt nicht zu,
doch motiviert dich ungemein
zur Arbeit, schließlich willst auch du
kein asoziales Arschloch sein.

Es liegt dir fern, dich auszuruh’n.
Zwar ist ein Job noch nicht in Sicht,
doch gibt’s auch jetzt genug zu tun,
was dir Beschäftigung verspricht:

zunächst in Form von Unterlagen,
die dich als Berge fast erdrücken,
dann lässt du dich an Wochentagen
in Weiterbildungskurse schicken,

erhältst ein neues Formular,
machst Deinen zehnten Eignungstest,
hängst zwischendurch ein halbes Jahr
im Deutschkurs nur mit Deutschen fest,

folgst deiner Arbeitslosenpflicht,
Bewerbungsschreiben aufzusetzen,
und lernst, Erfolge dabei nicht
als sehr wahrscheinlich einzuschätzen.

Und werden dir bei alledem
mal Stress und Aufwand doch zu groß,
ist Urlaub sicher kein Problem.
Ein Tipp: Werd einfach obdachlos.