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Zurück zur Natur

Zurück zur Natur

(2017)

Du sagst mir stolz, Dein neuer Speiseplan
sei nun auf Steinzeitnahrung umgestellt,
doch weiß ich: Damit ist es nicht getan,
wenn man – wie Du – nicht viel von Dingen hält,

die Menschen seit Jahrtausenden erfinden,
um die Natur vom Menschsein abzustreifen.
Du willst ja die Natur nicht überwinden,
Du willst sie gern als Führerin begreifen.

Inzwischen ist das mehr als bloß ein Spleen,
Du stellst die Grundversorgung schon infrage,
verweigerst, wenn Du krank bist, Medizin,
und sagst mir, dein Immunsystem ertrage

doch einiges und werde dadurch nur
gestärkt. Die beste Ärztin sei noch immer
die Schöpferin des Lebens, die Natur,
und Menschen machten leider alles schlimmer.

Ich hab es aufgegeben aufzuzählen,
was Menschen schon seit Jahren besser machen.
Stattdessen möchte ich Dir gern empfehlen,
jetzt weder Koffer noch die Siebensachen

zu packen, sondern frei von allen Dingen
dich morgen in die Wälder zu begeben,
wohin auch schon die Steinzeitmenschen gingen,
um dort auf ihre Art zu überleben.

Ach ja, und lass die Kleidung bitte hier –
das Industriezeug solltest Du nicht tragen.
Und wenn Du einmal frierst, empfehl ich Dir,
ein kuscheliges Bärenfell zu jagen.

Das wird Dir sicher kein Problem bereiten.
Da draußen wird entdeckt, was in Dir steckt!
Denn die Natur macht keine Schwierigkeiten;
sie ist ja, wie Du ständig sagst, perfekt.

Im Gegensatz zum Menschen, der sich Hütten
und Häuser gegen Sturm und Regen baut,
statt dass er sich – nach guten alten Sitten –
den Höhlenunterkünften anvertraut.

Ich hab zwar leider, leider keine Ahnung,
wo Du die nächste große Höhle findest,
doch denke ich: Das ist für Deine Planung
nun wirklich nebensächlich, denn Du stündest

auch ohne Höhle wohlbehütet da,
solang der Wald sich reizend um Dich kümmert:
Die Zivilisation kommt nicht zu nah,
kein Mensch in Sicht, der alles nur verschlimmert.

Genieße die Natur und bleibe stark,
selbst wenn Du bald schon glaubst, es würd zu viel.
Und ist das Essen manchmal noch so karg –
halt durch und schau entschlossen Richtung Ziel!

Dann wird es nämlich wie von selbst passieren,
dass Dir der letzte große Schritt gelingt:
Du wirst verhungern oder gar erfrieren.
Vielleicht todkrank. Was die Natur halt bringt.

Und wenn dann Laub auf Deinen Körper fällt,
verliert sich unter Blättern Deine Spur.
In diesem Sinne: Zieh nur in die Welt
und werde endlich eins mit der Natur!