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Hammermäßiger Traum

Hammermäßiger Traum

(2023)

Er war ein Bild von einem Mann:
Als Hobby gab er „Grillen“ an,
er konnte Häuser bauen.
Er packte gerne fester zu,
war mit dem Kneipenwirt per Du
und schätzte hübsche Frauen.

Er war so richtig maskulin;
bis eines Nachts – allein für ihn –
ein Gott in seinem Traum erschien
aus längst vergang’nen Tagen.
„Germanen kennen mich als Thor“,
so stellte dieser Gott sich vor.
„Ich hab dir was zu sagen:

Mein Hammer ist inzwischen alt
und deshalb bräuchte ich wohl bald
mal wieder einen neuen.
Und weil mir nur ein echter Mann
bei der Beschaffung helfen kann,
darfst du dich heute freuen,

dass du der Auserwählte bist,
der mich als Phallus-Spezialist
und Weiblichkeitsverächter
mal kräftig unterstützen soll,
damit der Hammer eindrucksvoll
die anderen Geschlechter

Respekt vorm Donnerwetter lehrt!“
Der Träumende war leicht verstört
doch sprach: „Ich fühle mich geehrt.
Ich hoff, ich hab’s korrekt gehört:
Ich soll Euch unterstützen?
Doch wie genau? Ich frag Euch nun:
Was muss ich denn als nächstes tun,
um Euch, Herr Thor, zu nützen?“

Vom Gott kam: „Konzentrier dich ganz
auf die Beschaffung der Substanz
fürs große Schmiedefeuer,
in dem man dann mit Männerkraft
den nagelneuen Hammer schafft!
Ich spar mir das Geseier;
kurzum: Ich brauch ein Mat’rial,
das härter ist als stärkster Stahl –
ich brauche deine Eier.“

Da wurde unser Mann ganz bleich
und krächzte: „Die sind viel zu weich.“
Als Fazit soll genügen,
dass eigene Identität
vor allem dann im Zweifel steht,
soll diese zum Vergnügen
von anderen sich fügen.