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Ich knicke doch nicht ein

Ich knicke doch nicht ein

(2014)

Vielen Dank auch, liebes Gewissen,
Du fühlst Dich wohl ganz schlau,
wenn Du meinst, ich nähm es mit der Rettung der Welt
nicht so genau.
Misch Dich bitte nicht ständig ein
und hör endlich auf zu nerven,
ich bemühe mich doch und habe mir
fast gar nichts vorzuwerfen.

Ja, okay, ich war gestern bei Burger King
und hab dort Chicken Nuggets gegessen,
doch ansonsten bin ich Vegetarier,
ab und zu Fleisch ist doch angemessen.
Die Adidas-Schuhe fand ich halt schick.
Soll ich denn jedes Mal schauen,
wie fair ein Unternehmen produziert?
Da kann ich ja bald keinem mehr trauen!
Ich hatte nie ein eigenes Auto
und nutze nur Rad oder Bahn,
so geht’s doch klar, wenn ich in den Urlaub
auch mal fliege statt zu fahr’n!
Die Welt zu verbessern ist echt wichtig,
das sollte jeder versteh’n,
aber es kann nicht Sinn der Sache sein,
das völlig verbissen zu seh’n.

Ich knicke doch nicht ein, ich beuge mich nur leicht,
die Schmerzgrenze ist noch lange nicht erreicht.
Es ist doch nichts verloren, geschweige denn zu spät,
denn ich bin keiner, der seine Ideale verrät.
Ich würde nie behaupten: Meine Ziele war’n verkehrt.
Ich merke nur, dass ich realistischer werd.

Ich geb zu, ich finde den Gedanken schön,
es mir privat bequem einzurichten,
beim Eigenheim würd’ ich auf die große Küche
und den Garten nicht verzichten.
Doch erstmal muss ich darauf hinarbeiten,
um das alles bezahlen zu können.
Und hab ich mir das irgendwann verdient,
darf ich’s mir – wie ich finde – auch gönnen.
Engagement für Mensch und Natur
und politische Demonstrationen
unterstütze ich gerne, aber zwischendurch
muss ich mich doch auch mal schonen.
Die Welt zu verbessern finde ich super
und ist ein hehres Ziel!
Doch kann ich nicht immer auf alles achten,
das wird mir auf Dauer zu viel.

Ich knicke doch nicht ein, ich beuge mich nur leicht,
die Schmerzgrenze ist noch lange nicht erreicht.
Es ist doch nichts verloren, geschweige denn zu spät,
denn ich bin keiner, der seine Ideale verrät.
Ich würde nie behaupten: Meine Ziele war’n verkehrt.
Ich merke nur, dass ich realistischer werd.

Mich stören Spekulanten und Hedgefond-Firlefanz,
doch ich brauche die Versicherungen bei der Allianz.
Was soll ich denn als Einzelner dadurch schon verschlimmern?
Ich kann mich auf der Welt ja nicht um alles kümmern.
Mancher mag behaupten, ich wär inkonsequent,
doch das müsste jeder anders sehen, der mich besser kennt:

Denn ich beuge mich nur leicht und knicke niemals ein,
ich halte dran fest, mir selber treu zu sein,
und bin mir ziemlich sicher: Ein Selbstverrat tät weh.
Die Schmerzgrenze meide ich, wo immer ich auch geh.
Nur manchmal hab ich Angst, dass das vieles nur beschönt –
womöglich hab ich mich an den Schmerz bereits gewöhnt.