In sich gehen

In sich gehen

(2016)

Ein Mensch hat vor, sich zu besinnen,
und emigriert sogleich nach innen,
denn jeder weiß: Die Welt versteht
man besser, wenn man in sich geht.
Im Innern aber merkt er schnell:
Hier ist es weder schön noch hell.
So tappst er durch die Dunkelheit
und stößt auf gar nichts weit und breit
und würde allzu gern verschwinden,
doch war sein Plan, sich selbst zu finden.
Die Suche fällt ihm sichtlich schwer,
im Innern bleibt es nämlich leer.
Um aber nichts zu übersehen,
will er noch tiefer in sich gehen
und ruft nach seinem eig’nen Ich.
Und – siehe da – es meldet sich!
Denn kurz nachdem er danach rief,
wird dieses Ich sogleich aktiv.
Er kann’s zwar weder gut verstehen
noch ansatzweis’ im Dunkeln sehen,
doch fest steht, dass ihn das nicht stört –
er hat’s ja immerhin gehört!
Nur was genau, das weiß er nicht,
weshalb er gleich noch lauter spricht
und ruft: „Was möchtest Du mir sagen?“
Zurück ertönt ein „Agen, agen“.
Was immer das auch heißen soll,
der Mensch denkt weiterhin: „Wie toll,
dass ich mich selbst gefunden habe!“
Nur leider fehlt ihm jene Gabe,
die eher wirren Wörterfetzen
von diesem Ich zu übersetzen.
Zumindest hat es reagiert,
drum bleibt er weiter motiviert
zu rufen, denn er ist schon weit
gekommen – bis er freudig schreit:
„Ich krieg Dich bald schon in die Hände!“
Da hört er deutlich: „Ende, Ende!“
Das könnt’s gewesen sein. Jedoch:
Der Mensch sucht rufend heute noch.