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(2017)

Ich lernte schon früh, im Leben zu teilen,
denn wer teilt, ist bekanntlich sozial.
Das fiel mir nicht schwer und ich fand bisweilen
viele Teilungsprozesse banal.

Ich teilte Essen und Getränke,
große Tische, lange Bänke,
mit Geschwistern meine Eltern,
süßen Kram aus Glasbehältern,
alte Sofas, neue Stühle,
eher seltener Gefühle,
Luft zum Atmen dafür immer,
Küche, Flur und Badezimmer,
meine Hoffnungen und Sorgen,
meine Laune früh am Morgen,
und, wie sollt es anders sein:
Ich teilte aus – und teilte ein.
Ich teilte ein in breit und schmal,
in ziemlich wichtig und egal,
in „stumm gehorchen“ und „selbst denken“,
Schiffefahren und -versenken,
heut und morgen, hier und dort,
sowie in Minigolf und Sport,
in renoviert und abgeranzt,
in streng geheim und gut verwanzt,
in völlig Fremde und Bekannte,
nette Leute und Verwandte,
auch in „Spenden“ und „Verkauf“,
ich teilte mit – und teilte auf:
Ich teilte auf in klug und dumm,
in schnurgerade, völlig krumm,
in superpünktlich und zu spät,
in Selbstbedienung und Diät,
auch in Befriedigung und Not,
in schön lebendig, besser tot,
in starke Männer, schwache Frauen,
in loyal und nicht zu trauen,
in verworfen und bewahrt,
reicht beschenkt und arm gespart,
ich sah Gewinne, ich sah Nieten,
Unterstützer, Parasiten.

Ich lernte schon früh, im Leben zu teilen,
denn wer teilt, kann auch besser sortier’n.
Manche teilen mit Worten, and’re lieber mit Beilen,
um den Überblick nicht zu verlier’n.
Zwar löst ein Schubladensystem
nicht jedes menschliche Problem,
doch in schwarz-weiß zeigt jedes Bild,
dass eine schlichte These gilt:
Willst Du den Überblick behalten,
musst Du teilen, trennen, spalten.
Aber niemals im Detail,
sondern möglichst nur durch zwei;
und deshalb kannst Dir Du bei Haaren
Spaltereien lieber sparen,
pack die Gelegenheit beim Schopf
und spalte gleich den ganzen Kopf!